Lóránd Hegyi, Herwig Steiner
in: Konfrontationen

Colorstructures / Herwig Steiner

Die mit konzentrischen Kreisen gestalteten Bildobjekte von Herwig Steiner scheinen eine Fortsetzung der geometrischen Abstraktion amerikanischer Prägung zu sein; trotzdem wird es nach längerer Beobachtung klar, daß es hier um eine Fragestellung bzw. um eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bildinhalt und -träger geht. Steiner zerlegt das Bild in unterschiedliche Bauelemente und visualisiert dadurch die unterschiedlichen Interpretationsbahnen, die durch die – ziemlich einfache – optische Erscheinung absichtlich verborgen bleiben. Einerseits sieht der Betrachter ein visuelles Phänomen, welches sich als – laut unserer Konvention, die von den kunstgeschichtlichen Kenntnissen determiniert wurde – geometrisch-abstraktes Bild (als ein Begriff des „abstrakten Bildes“) interpretieren läßt. Anderseits entdeckt der Betrachter, daß das Bild aus unterschiedlichen, mit informel-artigen, malerischen Gesten gemalten Fragmenten zusammengestellt, quasi collagiert wurde, die ein ziemlich großes, freies Terrain für sie poetisch-subjektiven Vorstellungen, emotionellen Bildinhalte lassen. Das Bild enthüllt sich selbst, aber diese Selbstenthüllung wirkt in unterschiedliche Richtungen: Verwirrung und Aufklärung, Negation des eindeutigen Bildprogrammes und didaktische Modellhaftigkeit, absichtliche Vermischung der kunstgeschichtlichen Konventionen und präzise Funktionsanalyse gehen Hand in Hand, miteinander verbunden durch das physisch-optische Phänomen, durch die physische Präsenz des Bildobjektes. Die Kunstgeschichte wird ebenso relativiert wie die subjektiv-kreative Verinnerlichungshypothese – und was bleibt, ist nichts anderes als ein Neubeginn, eine Herausforderung, die Konstruktionsprozesse neu zu definieren. (1993)

Lóránd Hegyi, Herwig Steiner, in: Konfrontationen, Ausst.-Kat. Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Wien 1993

Herwig Steiner’s pictorial objects, created with concentric circles, seem to be a continuation of geometric abstraction in the American tradition. At closer glance, however, it becomes clear that the focus is on a critical exploration of the imagery and carrier. Steiner examines the image in its various elements, visualizing the different modes of interpretation which seem to be deliberately hidden through the – relatively simple – optical impression. The viewer sees a visual phenomenon defined by convention, by our art historical insights, which could be interpreted as a geometric-abstract image (as a notion of the „abstract image“). The viewer also discovers that the image is composed of various fragments painted in the style of art informel, forming a sort of collage. These fragements open up a relatively large, free terrain for poetic, subjective ideas, for images based on emotional associations. The picture is revealed but in this act of revelation it has different effects: confusion and enlightenment, negation of the unambiguous imagery and didactic model, a deliberate mixture of art historical conventions and precise functional analyses as parallel phenomena, they are linked by the physical-optical phenomenon, the physical presence of the object. Art history is relativized along with the hypothesis of subjective-creative internalization. What remains is nothing but a new beginning, a challenge to redefine the process of construction.

(Lorand Hegyi / Konfrontationen / Museum Moderner Kunst Wien 1993)

Translated by Maria E. Clay

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