Vorarbeit zu “Maske der Betroffenheit”, Prod 149/vk/19.10.2024/Zeichnung/digitalisiert/ (221,20x244,0cm)

Vorarbeit zu „Maske der Betroffenheit“, Prod 149/vk/19.10.2024/Zeichnung/digitalisiert/ (221,20×244,0cm)
Preparatory work: Mask of Concern, Prod 149/vk/19.10.2024/drawing/digitized/(221,20×244,0cm)


Maske der Betroffenheit

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Obwohl Antisemitismus bekanntlich in Österreich in allen Gesellschaftsschichten vorkommt, ist dieser traditionell im rechten politischen Lager besonders stark vertreten, bildet dort mit ein identitätsstiftendes Element.

Spätestens seit den heftigen internationalen Reaktionen während der Waldheimaffäre und der ersten Regierungsbeteiligung der FPÖ, zeigte sich die traditionelle antisemitische Haltung der Rechten als Hindernis für deren Machtbeteiligung.

Darauf reagierten Teile der österreichischen Politik pragmatisch – flexibel.

Es kam zumindest äußerlich zu einer Änderung der Sprachregelung und zu einer vermehrt pro-israelischen Haltung in der österreichischen Außenpolitik, die davor, seit Bruno Kreisky, eher pro-palästinensisch ausgerichtet war.

Politischen Beobachtern war letztlich klar, dass dieser Wechsel lediglich machtpolitisch motiviert, keiner echten Einstellungsänderung entsprach.

Das Unglaubwürdige bestätigt sich immer wieder durch zahlreiche Affären und Provokationen, die auf die alte antisemitische Überzeugung hinweisen und durch die vielen Kontakte von FPÖ – Mitgliedern zu Rechtsextremen.

Man setzt gegenüber den jüdischen Mitbürgern in Österreich und gegenüber der historischen Verantwortung, vor allem aber in Richtung der internationalen Öffentlichkeit eine Maske der Betroffenheit auf.

Das Scheinhafte – Unauthentische – die Lüge – freilich ein weltweites Phänomen heute – prägt das Erscheinungsbild.


Mask of Concern

Although anti-Semitism is present in all social classes in Austria, it is traditionally represented especially strongly in the right-wing political camp where it helps form an identity-creating element.   
At the latest since the severe international reactions during the Waldheim affair and the FPÖ’s first participation in the government, the traditional anti-Semitic attitude of the right turned out to be an obstacle to their sharing of power. 

Segments within Austrian politics reacted to this with pragmatic flexibility.
At least superficially there were changes in rules related to what one could say, and an increased pro-Israel attitude in Austrian foreign policy, which previously, since Bruno Kreisky, had been more pro-Palestinian.

Political observers ultimately realized that this change was motivated by power politics rather than corresponding to a genuine change of attitude.

Numerous affairs and provocations that point to the old anti-Semitic convictions and the multiple connections of FPÖ members to right-wing extremists confirm the unbelievable again and again.

A mask of concern is put on towards fellow citizens in Austria who are Jewish, and towards historical responsibility, but above all, towards the international public.

The illusory—the inauthentic—the lie—admittedly, a phenomenon throughout the world today, shapes appearances.


© Herwig Steiner (1956L), Pre-Print, Gaswagen/dt/2005, computergenerierter Print, mehrlagig, Folie auf Platte, Acrylglas

© Herwig Steiner (1956L), Pre-Print, Gaswagen/dt/2005, computergenerierter Print, mehrlagig, Folie auf Platte, Acrylglas

Internetquelle: NS – Archiv Dokumente zum Nationalsozialismus:
Vermerk aus dem Referat 11 D 3 (Kraftfahrwesen) des RSHA über Veränderungen an den Gaswagen / SS – Obersturmführer Walther Rauff / Berlin 5.6.1942 / Geheime Reichssache
Mass murder using engine exhaust gas in vans specifically designed for this purpose was an infamous and particularly cruel murder method used during the Holocaust.

13.05.2025


Gaswagen
Authentizität der Tätersprache

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Als weitere Vorarbeit (nach den Beiträgen von Uni. Prof. Oliver Rathkolb, sowie von Direktor Jochen Böhler, Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust – Studien, s.u.), möchte ich zur Vorbereitung für das Video GESETZ und VERBRECHEN meine Textarbeit aus der Serie der PRE-PRINTS, geschaffen im Jahre 2005, vorstellen. 

GASWAGEN zeigt Ausschnitte eines Berichts [Vermerk aus dem Referat 11 D 3 (Kraftfahrwesen) des RSHA] des SS – Sturmführers Walther Rauff an seine vorgesetzte Stelle über technische Verbesserungen zu den sogenannten „Gaswagen“. 

Diese mobilen Gaskammern wurden ab 1941 von der SS im osteuropäischen Raum zur Ermordung von Juden und anderer sigmatisierter Gruppen eingesetzt.

Der grausame, technokratische Charakter des Textes bildet in einzigartiger Weise die menschliche Bestie ab und stellt als historisches Dokument den konsequenten Endpunkt zu den Nürnberger Gesetzen dar, die heuer am 15. September den 90. Jahrestag ihrer Beschlussfassung erreichen werden.

Walther Rauff entkam der Gerichtsbarkeit. Über sein Leben in Chile nach dem Zweiten Weltkrieg gibt Philippe Sands‘ neues Buch interessante Einblicke! 
Einer der vatikanischen Fluchthelfer war der österreichische Bischof Alois Hudal. Über ihn informiert ein Kapitel in meinem Buch Gesetz und Verbrechen  

https://www.passagen.at/gesamtverzeichnis/kunst/herwig-steiner-gesetz-und-verbrechen-law-and-crime/


Gaswagen (mobile gas chamber)
Authenticity of the perpetrator’s language

As further preparatory work (following contributions by Prof. Oliver Rathkolb and Director Jochen Böhler of the Vienna Wiesenthal Institute for Holocaust Studies, see below), I would like to present my artwork from the PRE-PRINTS series, created in 2005, in preparation for the video GESETZ und VERBRECHEN/Law and Crime

GASWAGEN shows excerpts from a report [memo from Department 11 D 3 (motor transport) of the RSHA] by SS–Sturmführer Walther Rauff to his superiors about technical improvements to the so-called Gaswagen, “mobile gas chambers.” 

These mobile gas chambers were used from 1941 onward by the SS in eastern Europe to murder Jews and other stigmatized groups.

The cruel, technocratic character of the text depicts the human beast in a unique way and, as a historical document, represents the logical end point of the Nuremberg Laws, which were enacted 90 years ago, on September 15.

Walther Rauff escaped justice. Philippe Sands’ new book offers interesting insight into his life in Chile after World War II. 
Austrian Bishop Alois Hudal was one of the Vatican agents who helped Nazis escape. A chapter in my book Law and Crime offers information about him.  

https://www.passagen.at/gesamtverzeichnis/kunst/herwig-steiner-gesetz-und-verbrechen-law-and-crime/



Vom religiösen zum rassischen Antisemitismus – Ein kurzes Statement
From Religious-to Racist Anti-Semitism – a Brief Statement
by Jochen Böhler
© Herwig Steiner (1956L) November 2024

13.05.2025


Die Nürnberger Gesetze aus 1935 – Totalitäre rassistische Menschenfeindlichkeit und Antisemitismus in Paragraphen gegossen

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Während des Nürnberger Parteitages der NSDAP am 15. September 1935 erließ der nur mehr als Scheinparlament tätige Reichstag drei Gesetze, wobei das „Reichsbürgergesetz“ und das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ das Ziel hatten, deutschen Staatsbürgerinnen und Bürgern jüdischer Herkunft alle politischen Rechte zu nehmen.

Damit sollten überdies die bereits nach 1933 begonnenen antisemitischen Pogrome und Verfolgungen und die Beraubung und Vertreibung von Juden und Jüdinnen gerechtfertigt werden. Diesen Pseudogesetzen folgten bis Juli 1943 weitere Folgeverordnungen, die u.a. eine biologistisch-rassistische Definition der Zuschreibung als Jude und Jüdin lieferten und teilweise jüdische Abstammung als Halb-, Viertel- oder Dreivierteljude stigmatisierten.

Das NS-Regime versuchte mit allen Mitteln, ihr offensichtliches Terrorregime durch ein positivistisches Rechtskonstrukt eines Unrechtsstaates zu tarnen, obwohl die parlamentarische Demokratie längst aufgehört hatte, zu funktionieren.

Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen“ vom 10. Dezember 1948 ist daher der Versuch, derartige menschenfeindliche Maßnahmen in Gesetzesform in der Zukunft zu verhindern, da spätestens nach der Zerschlagung der NS-Terrorherrschaft der internationalen Öffentlichkeit bewusst wurde, dass die systematische Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen, aber auch in weiterer Folge von Roma und Romnja, Sinti und Sintizze und anderen stigmatisierten Gruppen der Beginn des unfassbaren Wegs in die Shoa gewesen waren.


Univ.-Prof. Dr. Dr. Oliver Rathkolb               15.1.2024


The Nuremberg Laws from 1935 — Totalitarian racist misanthropy and anti-Semitism cast in clauses

During the Nazi party rally held in Nuremberg on September 15, 1935, the Reichstag, which at the time was only active as a sham parliament, enacted three laws, whereby the Reich Citizen Law and the Law for the Protection of German Blood and German Honor aimed to strip all political rights from German citizens of Jewish heritage. 

In addition, these laws were also meant to justify the anti-Semitic pogroms and persecution as well as robbing and expulsion of Jews that had begun already in 1933. These pseudo-laws were followed by further decrees, which, among other things, provided a biologistic-racist definition for who is to be considered a Jew and in part, stigmatized those of Jewish origins as being half, quarter, or three-quarter Jews.

Although parliamentary democracy was long defunct, the Nazi regime attempted to use all possible means to disguise its blatant regime of terror through a positivist, legal construct of an illegal state.

The United Nations’ Universal Declaration of Human Rights on December 10, 1948, is therefore the attempt to prevent any future occurrences of such misogynistic measures in legal form, as after the smashing of the Nazi reign of terror, at the latest, the international public realized that the systematic deprivation of rights and persecution of Jews, but also subsequently of Roma and Sinti and other stigmatized groups, had been the start of the unfathomable path to the Holocaust.

Univ.-Prof. Dr. Dr. Oliver Rathkolb            15.1.2024

English translation: Lisa Rosenblatt


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